Berliner Zweitwohnungsteuergesetz – Unwägbarkeiten, Unsicherheiten und unvorhergesehene Steuerlasten
von Rechtsanwalt Johannes Strunz (u.a. Rechtsanwalt für Mietrecht)
Steigende Mieten, Wohnraumverknappung, Mietendeckel, Mietpreisbremse – die Begriffe, die die Berichterstattung dieser Tage im Hinblick auf den Wohnungsmarkt dominieren lösen zweifellos Besorgnis und vereinzelt auch Angst aus. Spätestens wenn man selbst auf Wohnungssuche ist werden die medial präsenten Begriffe auch schnell handfeste Probleme. Wen wundert es da, dass diejenigen, die auf Wohnungssuche sind, zumindest für sich selbst da für eine gewisse Sicherheit sorgen wollen? So fragen sich zum Beispiel Paare, die ihre getrennten Haushalte nun zusammenlegen und dafür in eine neue Wohnung ziehen möchten oder auch Familien, die Zuwachs erwarten und mehr Platz brauchen, ob sie ihre alten Mietverträge „zur Sicherheit“ nicht doch lieber vorerst weiterlaufen lassen sollten. Häufig liegt der in diesen älteren Mietverträgen vereinbarte Mietzins nicht unerheblich weit unter den jeweils aktuellen Vergleichsmieten.
Was zunächst nach einer sicheren Sache klingt, kann jedoch ganz schnell zu neuen Unwägbarkeiten führen, die das vermeintlich abgefederte Risiko um ein vielfaches übersteigen. Insbesondere wird die sog. Zweitwohnungsteuer (so tatsächlich die vom Gesetzgeber vorgegebene Schreibweise) gerne von denjenigen, die ihre alten Mietverträge nicht kündigen, vergessen. Im Folgenden soll gerade auf diese Steuer genauer eingegangen werden, um so zumindest einen Aspekt in der aufgeheizten und mitunter undirchsichtigen Debatte um den Wohnungsmarkt näher zu beleuchten.
Grundlage für die Steuer, deren Erhöhung Anfang des Jahres 2019 zumindest kurzzeitig den Zeitungen und Nachrichten der Hauptstadt zumindest eine Randnotiz wert war und so zum C-Promi der Berichterstattung über den Wohnungsmarkt avancierte, ist das Berliner Zweitwohnungsteuergesetz (BlnZwStG). Hinter diesem sprachlichen Ungetüm versteckt sich ein sperriges Regelwerk, welches schon in der Nennung der Voraussetzungen der Zuhilfenahme eines weiteren Gesetzes, namentlich des Bundesmeldegesetzes (BMG), bedarf. Denn nach dem BlnZwStG ist eine Zweitwohnung jede Wohnung, die der Eigentümerin oder Hauptmieterin oder dem Eigentümer oder Hauptmieter als Nebenwohnung im Sinne des Bundesmeldegesetzes dient. Es muss also eine Wohnung im Sinne des Bundesmeldegesetzes vorliegen, die die steuerpflichtige Person als sog. „Nebenwohnung“ angemeldet hat oder hätte anmelden müssen. Das Bundesmeldegesetz definiert die Nebenwohnung dabei in § 21 in Abgrenzung zur Hauptwohnung, die die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners ist, als „jede weitere Wohnung des Einwohners im Inland“. Diese Wohnung müsste darüber hinaus der betroffenen Person auch tatsächlich als Nebenwohnung dienen, also zur Nutzung zur Verfügung stehen. Das Bundesmeldegesetz stellt insoweit auf die tatsächliche Benutzung ab.
Konkret bedeutet dies zunächst: Wer zwei Wohnungen angemietet hat, davon jedoch nur eine Wohnung nutzt, sich also nur in dieser einen Wohnung die privaten Einrichtungsgegenstände befinden und die persönliche Lebensführung sich auch nur auf diese Wohnung beschränkt, wäre die andere Wohnung nicht als Nebenwohnung im Sinne des Bundesmeldegesetzes zu qualifizieren.
Da es sich nun jedoch die meisten Menschen wohl nicht leisten können, für eine zweite, wortwörtlich ungenutzte Wohnung, Miete zu zahlen, kommt hier die Option der Untervermietung ins Spiel. Hier ist jedoch darauf zu achten, dass die Untervermietung der Erlaubnis des Vermieters bedarf! Ohne hier näher auf die Problematik der Untervermietung ohne Zustimmung des Vermieters einzugehen sei soviel gesagt: wer ohne Erlaubnis seine Wohnung untervermietet, dem droht die Kündigung dieser Wohnung.
Nutzt nun also der Untermieter die in Frage stehende und vom Hauptmieter nicht genutzte Wohnung als Hauptwohnsitz – der Untermieter hält sich dort also hauptsächlich auf und nutzt die Wohnung nicht selbst als Nebenwohnung – würde grundsätzlich keine Zweitwohnungsteuer anfallen.
Diese Konstellation entspricht im Grunde auch dem Ziel, das der Gesetzgeber mit Erhebung der Zweitwohnungsteuer erreichen will: dass nämlich diejenigen zur Kasse gebeten werden, die das ohnehin knappe Gut „Wohnraum“ durch den Luxus einer ihnen als Zweitwohnung dienenden Wohnung noch weiter verknappen. Durch die Untervermietung aber werden beide Wohnungen als Lebensmittelpunkt mehrerer Haushalte genutzt.
Im Falle der Anmietung mehrerer Wohnungen sollte allerdings auch darauf geachtet werden, wo man nach dem Bundesmeldegesetzes gemeldet ist. Denn: ist man als Mieter von zwei Wohnungen an der Adresse gemeldet, die man nicht nutzt, so ist diese Adresse Melderechtlich gesehen dennoch der Hauptwohnsitz und somit nach dem Wortlaut des Gesetzes die „vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners“. Darauf zurückgreifend könnte das zuständige Finanzamt somit die Zweitwohnungssteuer erheben, da neben dem momentan im Melderegister angegebenen Hauptwohnsitz ein weiterer und auch tatsächlich genutzter Wohnsitz – mithin eine Nebenwohnung im Sinne des Bundesmeldegesetzes – vorliegt. Somit ist es ratsam, zur Vermeidung etwaiger Unklarheiten bezüglich der Wohnungssituation und zur Klarstellung, dass keine Nebenwohnung unterhalten wird, sich beim zuständigen Bürgeramt mit der tatsächlich bewohnten Wohnung als Wohnsitz an- bzw. umzumelden.
Damit kann also festgehalten werden: Voraussetzung für die Zweitwohnungsteuer ist ein „Nutzen“ (bzw. ein „zur Nutzung zur Verfügung stehen“) beider Wohnungen durch dieselbe Person zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs. Ob dabei die Haupt- und die Nebenwohnung oder nur eine dieser beiden Wohnungen in Berlin liegt, spielt keine Rolle.
Ausnahmen der Steuerpflicht sieht das BlnZwStG hauptsächlich für Wohnungen, die zu sozialen Zwecken z. B. in Pflegeheimen, Frauenhäusern oder für den Strafvollzug genutzt werden vor. Daneben sind sog. Gartenlauben von der Steuer ausgenommen. Als relevanteste Ausnahme von der Besteuerung gilt wohl das halten einer Zweitwohnung zu Arbeitszwecken: Ist eine Wohnung angemietet worden, die von einer verheirateten oder in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Person, die nicht dauernd getrennt von ihrer Ehe- oder Lebenspartnerin oder ihrem Ehe- oder Lebenspartner ist, aus beruflichen Gründen gehalten wird, wenn die gemeinsame Wohnung die Hauptwohnung ist und außerhalb des Landes Berlin liegt, so fällt die Zweitwohnungsteuer nach dem BlnZwStG nicht an. Arbeitet also eine verheiratete Person, die ihren Hauptwohnsitz mit ihrer Familie außerhalb von Berlin hat, in Berlin, so kann diese Person in Berlin eine Zweitwohnung steuerfrei nutzen.
Sollte die Steuerpflicht allerdings nach all dem tatsächlich bestehen, so ist die entsprechende Erklärung immer bis zum 31. Mai abzugeben und wird am 15. Juli des jeweils selben Jahres fällig.
Was die Höhe der Steuer anbelangt, so regelt § 5 BlnZwStG: Der Berechnung zugrundegelegt wird die Nettokaltmiete für den zu besteuernden Zeitraum, und zwar ab dem 1. Januar 2019 in Höhe von 15%. Bei einer monatlich zu entrichtenden Nettokaltmiete von z.B. 600,00 € einer ab dem 1. Januar 2019 als Zweitwohnung dienenden Wohnung beträgt die Zweitwohnungsteuer für das gesamte Jahr 2019 damit 1.080,00 €.
Zusammenfassend gilt jedenfalls: wer beim Umzug in eine andere Wohnung seine vorherige Mietwohnung „behält“, sollte sich Gedanken sowohl über die Nutzung der bisherigen Wohnung machen, als auch die anfallende Mehrbelastung durch die unter Umständen anfallende Zweitwohnungsteuer berücksichtigen. Auf die Interessen des Vermieters der nicht mehr bewohnten Wohnung ist dabei genau so zu achten wie auf die rechtzeitige Ummeldung des tatsächlichen Wohnsitzes bei der zuständigen Meldebehörde.
Sollten Sie sich in einer der beschriebenen Situationen wiederfinden und sich nicht sicher sein, ob Sie der Steuerpflicht unterliegen, oder haben Sie Fragen grundsätzlicher Art im Zusammenhang mit dem Innehaben mehrerer Wohnungen, sprechen Sie uns gerne an, damit wir gemeinsam eine Ihrer individuellen Situation gerecht werdende Lösung finden können.