Anfechtung und Rücktritt beim Gebrauchtwagenkauf – Lösung vom Vertrag bei mangelhaftem Zustand
von Rechtsanwalt Sebastian Mimietz
Welche Möglichkeiten gibt es für den Käufer eines Gebrauchtwagens, welcher sich nach dem Kauf als mangelhaft erweist? In einem kürzlich entschiedenen Fall traf der Bundesgerichtshof dazu einige Feststellungen. Anlass war die Klage einer Frau, die einen gebrauchten PKW in dem Glauben erwarb, es handele sich um ein verkehrssicheres Fahrzeug. Einen Tag nach dem Kauf bei dem gewerblichen Autohändler versagte der Motor des Fahrzeugs. Bei anschließender Untersuchung zeigte sich erhebliche Korrosion, die als sicherheitsrelevant einzustufen gewesen wäre. Weder der Händler, noch der TÜV, welcher das Auto beanstandungsfrei mit der TÜV-Plakette versah, hatten laut eigener Angaben die Mängel bemerkt. Im Wege der Klage versuchte die Käuferin daraufhin, vom Vertrag Abstand zu nehmen und den Kaufpreis gegen Rückgabe des Wagens zurück zu erhalten.
Problematisch war in dieser Konstellation, inwieweit dem Händler die Unkenntnis über den Zustand des Autos vorzuwerfen war. Der Bundesgerichtshof entschied, dass Gebrauchtwagenhändler grundsätzlich keine vollumfassende Untersuchungspflicht treffe. Dies sei nur der Fall, wenn konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Mangels bekannt sind. Im Übrigen reiche die sogenannte „Sichtprüfung“ aus, eine äußere fachmännische Besichtigung des Fahrzeugs. Im zu entscheidenden Falle könne dem Händler daher allenfalls fahrlässige Verkennung der Mängel angelastet werden, da die „Sichtprüfung“ erfolgte. Dies reiche für eine Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung und damit der Unwirksamkeit des Vertrages „von Anfang an“ nicht aus.
Die Klägerin habe aber die Möglichkeit, von dem Vertrag wegen Mangelhaftigkeit der Sache zurückzutreten und damit die Rückabwicklung des Kaufes und der Übergabe herbeizuführen. Auf ein etwaiges Angebot des Händlers, den mangelhaften PKW zunächst reparieren zu lassen, müsse sie weiterhin nicht eingehen. Begründet wird dies damit, dass die Klägerin im Anbetracht des Zustandes des Autos berechtigterweise das Vertrauen in die Fachkompetenz des Beklagten verloren habe und es ihr daher nicht zuzumuten sei, einen Reparaturversuch (und damit eine Nacherfüllung) des Händlers abzuwarten. Vielmehr könne sie die sofortige Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Wagens verlangen.
BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14