Schadensersatz wegen einer vorzeitig abgebrochenen eBay-Auktion

von Rechtsanwalt Vincent Aydin

Ob und wann die Streichung eines Interessentengebots auf der Verkaufsplattform eBay zulässig ist, ist für viele Nutzer des Verkaufsportals ein undurchsichtiges Thema. Der BGH hat mit Urteil vom 23. September 2015 entschieden, unter welchen Voraussetzungen dies zulässig ist.

Die Entscheidung betraf die Versteigerung eines Jugendstil-Gussheizkörpers, welcher zu einem Preis von 1,00 € in die Auktion ging. Diese lief dann für drei Tage, bevor der Beklagte alle Gebote streichen ließ und die Auktion vorzeitig beendete. Inwieweit dies zulässig war, war vorliegend fraglich.

Bestimmungen über die Streichung von Geboten enthalten zunächst die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay:

„§ 9 Nr. 11: Anbieter, die ein verbindliches Angebot auf der eBay-Website einstellen, dürfen nur dann Gebote streichen und das Angebot zurückziehen, wenn sie gesetzlich dazu berechtigt sind. […]“

Der Kläger gab an, zum Zeitpunkt der Auktionsbeendigung mit 112,00 € Höchstbietender. Er machte weiterhin geltend, dass ihm der geplante Weiterverkauf den Verkehrswert der Sache von 4.000,00 € eingebracht hätte. Der Kläger erstrebt nun mit seiner Klage die Erstattung der Differenz zwischen Kaufpreis und Verkehrswert  in Höhe von 3.888,00 €.

Als Grund für die Streichung der Gebote und die Beendigung der Auktion gab der Beklagte zunächst an, der Heizkörper sei nach Beginn der Auktion zerstört worden. Später begründete er die Streichung des Gebots mit der „Unseriösität“ des Klägers. Diese folgere er daraus, dass der Kläger zusammen mit seinem Bruder in den letzten sechs Monaten 370 Gebote auf eBay zunächst abgegeben und anschließend wieder zurückgenommen habe. Es sei unwahrscheinlich, dass in jedem der Fälle ein zur Rücknahme berechtigender Grund vorgelegen habe. Dieses Verhalten sei vielmehr nur mit mangelnder Vertrauenswürdigkeit des Klägers zu erklären. Auf diese stützte der Beklagte später die Streichung des Gebotes.

Bisweilen blieb die Klage ohne Erfolg. Das Landgericht hielt die Streichung des Gebotes und Beendigung der Auktion für begründet. Die „Unseriösität“ des Klägers sei anzunehmen und rechtferitge das Verhalten des Verkäufers. Dass dieser Grund erst nachträglich vom Beklagten geltend gemacht wurde, sei unbeachtlich, da der Grund für die Rücknahme eines Angebotes auf eBay weder angegeben werden, noch kausal für die Streichung gewesen sein müsse.

Der Kläger ging daraufhin in Revision, welche erfolgreich war. Das Berufungsurteil wurde vom VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Es wurde vom Bundesgerichtshof ausgeführt, dass ein eBay-Verkäufer grundsätzlich die Möglichkeit habe, Käufergebote zu streichen und damit einen Vertragsschluss zu verhindern. Dies sei zum einen möglich, sofern einer der Gründe aus den Auktionsbedingungen vorliege. Weiterhin könnten andere gewichtige Gründe, die sonst zur Anfechtung oder zum Rücktritt und damit der Lösung vom Vertrag berechtigen würden, die Streichung von Geboten rechtfertigen.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs fehle es dem Urteil des Landgerichts jedoch an der Benennung solcher Gründe.

Die angenommene „Unseriösität“ des Käufers könne nicht als ausreichender Anlass fungieren. Dass der Kläger eine Vielzahl seiner Gebote nachträglich zurückgezogen habe, lasse zwar den Schluss zu, dass nicht in jedem Fall ein Rechtfertigungsgrund für ein solches Verhalten vorlag. Für den Beklagten ergebe sich hieraus jedoch nicht zwangsläufig ein Nachteil. Es sei auf der eBay-Plattform üblich, dass der Käufer nach Auktionsende in Vorkasse gehe oder die Abwicklung des Kaufs Zug-um-Zug bei Abholung erfolge. Eine Vorleistung, welche bei mangelnder Vertrauenswürdigkeit des Klägers für den Beklagten nachteilig sein könnte, stehe mithin nicht in Rede. Somit könne ein Grund zur Streichung des Angebotes hierin nicht gesehen werden.

Überdies müsse der Grund nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht nur vorliegen, sondern auch gerade ursächlich für die vorzeitige Beendigung der Auktion gewesen sein. Da der Beklagte aber angab, die Auktion wegen Zerstörung des Heizkörpers beendet zu haben, fehle hier jedenfalls die Ursächlichkeit der „Unseriösität“ des Bieters für die Streichung seines Gebotes.

Als Berechtigung für die Streichung käme laut BGH jetzt nur noch die unverschuldete Zerstörung der Sache vor Auktionsende in Betracht. Diese sei nun vom Landgericht festzustellen.

(BGH-Urteil vom 23.09.2015 – VIII ZR 284/14)